Mechanismen-basierte Strategien zur Vermeidung der Belagbildung in Kunststoffverarbeitungsmaschinen und Werkzeugen

Projektleiter: Prof. Dr. W. Maus-Friedrichs, M.Sc. Lienhard Wegewitz

Förderzeitraum: 01/2015 - 12/2016
Förderstelle: BMWi via AiF
Förderkennzeichen: IGF 18561 N

Ansprechpartner: M.Sc. René Gustus, M.Sc. Maria Sonnenberg

Stippen in Kunststoff-Formteilen sind eine weit verbreitete Ursache für Produktionsstörungen und Produktionsunterbrechungen sowie Qualitätsbeeinträchtigungen. Stippen entstehen dabei häufig aus Belägen, die sich aus der Polymerschmelze auf Stahloberflächen in Kunststoffverarbeitungsmaschinen und auf Oberflächen von z.B. Extrusionswerkzeugen bilden können. Besonders kritische Bereiche sind Aufbereitungs- und Produktionsprozesse für optisch hochwertige Formteile mit hohen Anforderungen an optische Transparenz oder mit hochglänzenden Oberflächen.

In der Vergangenheit wurden Stippenprobleme häufig durch unzureichende strömungs-technische Auslegung der schmelzeführenden Kanäle in Maschinen (z.B. Rückströmsperren) und Werkzeugen zusätzlich verschärft ((Müller 2002), (Wintermantel 2009), (Shelby und Caflisch 2004)). Durch Optimierungsmaßnahmen, langjährige Erfahrungen und die Möglichkeiten der numerischen Strömungssimulation wurden diese Ursachen von den Maschinen- und Werkzeugherstellern weitestgehend eliminiert bzw. minimiert. Trotz dieser Maßnahmen sind Probleme mit Stippenbildung bei bestimmten Anwendungen nach wie vor akut. Eine wesentliche Ursache für die - trotz strömungstechnisch optimaler Gestaltung - immer noch auftretende Stippenbildung sind auf den Stahloberflächen anhaftende, zunächst extrem dünnschichtige Beläge, die im Laufe der Zeit immer weiter anwachsen können. Dabei wird das anhaftende Material durch das lange Verweilen bei hohen Temperaturen thermisch ab- bzw. umgebaut. Die resultierende Schicht löst sich zu einem späteren Zeitpunkt - vermutlich wenn eine bestimmte kritische Schichtdicke überschritten wird - zumindest partiell wieder von der Stahloberfläche ab. Bei den amorphen Thermoplasten wird über problematische Fälle von Belagbildung berichtet.

Bei solchen Problemfällen werden Zusammenhänge mit der spezifischen Additivierung einzelner Formmassen vermutet. Im Rahmen eines abgeschlossenen Vorgängerprojekts (IGF Nr. 403 ZN „Ursachen und Mechanismen der Belagbildung und der Adhäsion von Kunststoffschmelzen auf Stahloberflächen“) konnten bereits wesentliche Erkenntnisse bezüglich der Anhaftung gewonnen werden.

Die Ergebnisse dieses Projektes wurden regelmäßig mit praxiserfahrenen Industrievertretern im Expertenkreis „Werkstoff- und Oberflächentechnik“ diskutiert, in dem durchschnittlich 40 Teilnehmer aus den Bereichen der Kunststoff-Verarbeitung, der Rohstoffherstellung, des Kunststoff-Maschinenbaus, der Stahlerzeugung und der Oberflächenbeschichtung zusammentreffen.

Dieser Expertenkreis hat in seiner Sitzung im Dezember 2013 vorgeschlagen, auf den nunmehr vorhandenen Grundlagen und den erarbeiteten Methoden aufzusetzen und die Untersuchungen in einem Folgeprojekt nun auf praxisübliche Beschichtungssysteme auszudehnen. Eine Leistungssteigerung von Oberflächen durch PVD-Schichten bei tribologisch randschicht-beanspruchten Bauteilen ist mittlerweile grundlegend für viele technische Produkte. Die Einflüsse der Prozessparameter auf die Qualität der Beschichtung sind für die einzelnen Verfahren bereits ausführlich untersucht worden. Der Zusammenhang von Beschichtungsparametern und der Belagbildung in der Kunststoffverarbeitung dagegen bisher nicht. Es läßt sich sagen, dass die Beschichtungen und Beschichtungssysteme in ihrer Anwendung jeweils in Einzelfällen positive Ergebnisse in Bezug auf Belag- und Stippenbildung erwirken konnten, in anderen Fällen jedoch wiederum nicht. Umfassende Erkenntnisse warum diese Schichten in manchen Fällen wirksam sind, in anderen aber nicht, fehlen bis zum heutigen Tag.